Carsten Keller - Musiker
Ich bin Autodidakt, hatte nie eine einzige Stunde Gitarrenunterricht. Das lag weniger an fehlender Liebe zur Musik als an fehlender Disziplin. Ich hab´s schlicht nicht geschafft, regelmäßig zu Gitarrenstunden zu gehen. Habe dann mit meiner ersten Band angefangen, Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben. Dank der Bands und unterschiedlichen Stilrichtungen (Funk, Deutschrock, Alternative, Blues, Rock) bin ich mit diesen immer gewachsen. Am meisten danke ich dafür, dass ich einen guten Teil dieser "universellen Sprache" beherrsche, die Musik repräsentiert. Überall auf dem Globus können durch Musik Gefühle, Stimmungen und gemeinsames Er-Leben vermittelt werden, unabhängig von der jeweils gesprochenen Sprache, teilweise - und in den besten Momenten - auch kulturübergreifend.
Nie ein Solo gleich spielen - das war schon immer mein persönlicher Leitspruch. Dadurch kann ich jeden Song unserer Songlist hunderte von Malen spielen und ihm immer wieder etwas Neues abgewinnen. Das Gitarrespielen ist Ausdruck meiner Kreativität. Außerdem erfahre ich mit dieser Herangehensweise an unsere Musik immer wieder Momente tiefer spiritueller Natur, wenn ich z. B. plötzlich Sachen spiele, die nicht von mir kommen, oder ich den direkten Draht zum Publikum oder zur Band spüre und hieraus unwahrscheinliche Energie und Ideenreichtum schöpfe. Sicherlich, die ständige Improvisation ist risikoreich - das merkt man dann schon ´mal an der einen oder anderen "unsauberen" Passage. Aber nur durch dieses Risiko ist auch die Möglichkeit gegeben, ständig einen Schritt weiter zu gehen und Neuland zu betreten. In Search Of The X-Factor...
Musikalisch gefällt mir am besten die amerikanische Jamband-Szene mit Bands wie GRATEFUL DEAD (die Ur-Jamband, 1965-1995), ALLMAN BROTHERS BAND (auch schon seit den 60ern aktiv) und "neuen" Bands wie PHISH, PHIL LESH & FRIENDS, RATDOG, STRING CHEESE INCIDENT, GOV´T MULE, DEREK TRUCKS BAND usw.
Bei GRATEFUL DEAD konnte man beruhigt ganze Tourneen mitverfolgen, ohne das einem langweilig wurde. Es gab keine fixen Setlists, die Abend für Abend heruntergenudelt wurden. Vielmehr glich sich KEIN aufeinander folgendes Konzert irgendeiner Tour, geschweige denn wurden die Songs gleich gespielt. Sicherlich gab es einen Stamm an kompakten Songs, die relativ feste Formen hatten. Ebenso bestanden große Teile der 3-5 Stunden langen Konzerte jedoch aus Titeln, die einmal 5min, das andere Mal 30min lang sein konnten. Da muss man halt schon etwas Zeit mitbringen und sich auf etwas einlassen, das nicht innerhalb Werbespotlänge abgehandelt wird. Entspricht nicht gerade dem aktuellen Zeitgeist. Erfreut sich aber gerade in Amerika einer ungebrochenen Publikumbegeisterung. Dort gibt es ganze Festivals (z.B. Bonnaroo, Gathering Of The Vibes etc.) mit Jambands.
Improvisationsreiche Rockmusik im Geiste des Jazz ist meine Idealvorstellung...